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EnEV: Berechnungs-Hokuspokus & Realität

„Nachdem am letzten Verhandlungstag am 31.03. ein Heizungsgutachten vorgelegt und der vom Gericht bestellte Gutachter befragt wurde, gilt als wahrscheinlich, dass der komplette Neubau einer Gaszentralheizung von den Mietern zu dulden und zu zahlen ist und die Mieter ihre intakte Gasetagenheizung samt Heizkörper und Heizrohren verlieren.
Der Gutachter stützt sich bei seinem Ergebnis (8,8% errechnete Endenergieeinsparung) allein auf seine Berechnungen nach Energieeinsparverordnung (EnEV), die er „justitiabel“ nennt.
(Anm.: jede noch so kleine, berechnete (!) Einsparung an Endenergie führt nach geltender Rechtsprechung zur Duldungspflicht des Mieters).
Brisant ist, dass entgegen den Berechnungen in der Realität gar keine Energieeinsparung eintritt: am selben Objekt können die tatsächlichen Heizverbräuche der Wohnung der Beklagten im unsanierten Flügel mit dem bereits sanierten Flügel verglichen werden. Im energetisch sanierten Flügel (Fassadendämmung, Kunststoff-Isolierglasfenster, Gas-Zentralheizung, Solarthermie) beträgt der Endenergieverbrauch nach Modernisierung ca. 150 kWh/m²a und in der Wohnung der Beklagten (keine Fassadendämmung, Holz-Kastenfenster, Gasetagenheizung) ebenso ca. 150 kWh/m²a.

In der Ankündigung der Modernisierung ist jedoch von 74% Endenergieeinsparung die Rede. Einsparung durch den streitgegenständlichen Maßnahmenumfang demnach real: 0%.
Dieser Fakt interessierte Frau Richterin P. jedoch nicht. Sie verwies nebulös auf den Willen der Politik und ihre Aufgabe, Gesetze anzuwenden. Auf was sich Frau P. hier konkret bezieht, wird sie in der Urteilsverkündung offenbaren müssen.“

Quelle: eine Mail von Hr. T. aus B.
Bezug: Pankower Urteil

Kommentar BAUFÜSICK:
Na, wenn der Herr Gutachter meint, dass sein gutes Gutachten „justitiabel“ ist, dann wird es in den Rang der Kritikfreiheit erhoben. Justitiabel bedeutet: gerichtlich entscheidbar, gerichtlich überprüfbar, juristisch relevant. Justitiabel bedeutet also nicht: praxistauglich, korrekt. Es wird ja auch gern auf der Grundlage von Fiktionen entschieden. Dabei muss man als Gutachter selbst noch nicht einmal an den Mist glauben, den man vorrechnet. Man muss aber auf die Berechnungsvorschrift (EnEV, DIN 4108 usw. usf.) verweisen. Danach ist das Ergebnis „richtig“.

Dass die Praxis etwas anderes liefert, ist egal. Laut BGH genügen > 0% Energieeinsparung, um von nachhaltig zu reden – und die Welt wird ein bisserl gerettet (Wir haben ja Ostern 2017 gesehen, dass das funktioniert mit dem Aufhalten des Klimawandels. Nicht nur auf dem Brocken ist die Klimaerwärmung drastisch umgedreht worden. Dank den Bemühungen unserer klugen Bundesregierung beim Klimaschutz.)

Nun könnte man meinen, dass 0% statt 74% etwas arg wäre und dass man von Einsparung nicht sprechen könne. Das wird wohl die weise Frau Richterin nicht davon abbringen, für die Zukunft eine Einsparung >0% anzunehmen und daraus eine Begründung herzuleiten. Es dient ja einer guten Sache. Wo ginge sonst der Umsatz der Sanierungsindustrie hin, wenn nicht ihre Lakeien in Legislative und Exkutive dafür sorgten, dass es nicht der Keller ist? Und auch die Judikative, die es ja nicht besser wissen kann, stützt sich auf Gutachten von Experten. Alles objektiv, unabhängig, interessenfrei.

Und außerdem: Bedarf und Verbrauch darf man nicht durcheinander würfeln. Würden die Leute richtig, d.h. EnEV- bzw. DIN-Normen-gerecht wohnen, wäre dieses Problem aus der Welt. Na ja, nicht ganz, da die Berechnungsgrundlagen per se ein riesen Beschiss sind – inoffiziell. Offiziell bestätigen Experten immer mal wieder gern auf Nachfrage die Richtigkeit der Berechnungsverfahren – egal, was dabei rauskommt. Dieses Blog sowie die verlinkten Quellen sind rappelvoll mit Belegen zu diesem Thema, man kann pausenlos in Lach- oder Heulkrämpfe verfallen. Dennoch wird der – bestellte und verordnete – Wahnsinn weiter galoppieren.

Cui bono?

  1. 13.03.2018 um 15:27

    Soooo siehts aus…danke für den beitrag

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  2. 03.05.2017 um 10:53

    Wahnsinn ungebremst im roten Berlin:

    Ein tolles Beispiel für Modernisierung: von Nettokalt 644 € auf stolze 2.375 €, also fast auf das 4-fache. Ein Video von Maike & Sven aus der Kopenhagener 45, die Teil der Sendung „hallo deutschland“ des ZDF´s waren.

    Maike Ahlers und Sven Fischer Kopenhagener 46 Rausmodernisierung nein Danke!

    Rückblick zum Pankower Urteil:
    https://baufuesick.wordpress.com/?s=pankower

    Kommentar: ist hier überflüssig.

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