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Die Rettungsdecke und der U-Wert

Rette sich wer kann.

Unter dem Handelsnamen „Sirius-Rettungsdecke“ stellt die W. Söhngen GmbH aus Taunusstein eine Rettungsdecke her, die bei allen Notfallsituationen Unterkühlung vermeiden sowie vor Kälte und Hitze schützen soll. Die so genannte Rettungsdecke ist eine dünne Folie, 2,10 x 1,60 groß und sehr dünn, wie Folien das nun mal so sind. Eine Seite ist gold- eine ist silberfarben. Die Folie ist Aluminium bedampft.

Die Anwendung erklärt der Hersteller wie folgt:
„Kalteschutz:
Patient in Decke einwickeln, Silberseite weist zum Körper.
Hitzeschutz:
Decke locker über Patient legen, Silberseite nach außen.“

Solche Rettungsdecken kennen Sie, eine sollte in jedem Pkw liegen. Sie werden auch von Rettungsdiensten benutzt, wie z.B. vom Roten Kreuz. Den Hitzeschutz kann man sich ja noch halbwegs vorstellen: Hitzequelle von außen, z.B. wenn die Sonne drauf brennt. Diese Strahlung wird reflektiert, dies funktioniert auch bei Wärmestrahlung (auch wenn die langwelliger ist).

Ein Problem scheint der Kälteschutz zu sein. Wird der Patient in die Folie eingewickelt, hat er reichlich Kontakt, so dass der Wärmeübergangswiderstand innen (Rsi) überwiegend 0 beträgt. Die Wärmeleitfähigkeit „klein Lambda“ beträgt nach DIN V 4108-4 (das V steht für VORNORM, der Unterscheid zwischen Norm und Vornorm wird hier erklärt) für Stahl 50 und für Aluminiumlegierungen 160 W/(mK). Zum Vergleich: bei Holz liegt dieser Wert um die 0,15 und 0,035 ist heutzutage ein normaler Wert für EPS (Styropor).

Das ergibt einen U-Wert in Höhe von:

U = 1 / (( 0 + (0,0003 : 50) + 0,13 )) = 7,69 W/(m²K)

Für die 50 kann man auch 100 oder 160 setzen, es kommt immer 7,69 heraus. Ein U-Wert in Höhe von 7,69 würde aber bedeuten: der Temperaturunterschied an der Ober- und Unterseite der Folie geht gegen 0. Mit anderen Worten: der Patient müsste rasch aus- und sich unterkühlen. Macht er aber nicht. Das hätten Rotes Kreuz und andere sicher schnell gemerkt, wenn Ihnen reihenweise die Patienten in der Folie weg frieren.

Bleibt noch eine Variante übrig: die U-Wert-Theorie taugt nicht dazu, hierfür eine sinnvolle Erklärung zu liefern. Und dabei wird uns tagtäglich eingebläut, dass allein die Wärmeleitfähigkeit und somit der U-Wert das Maß aller Dinge sind, wenn es um Kälteschutz (bzw. Wärmeschutz) geht. Man hat sogar einige Vornormen dafür kreiert. Und so eine profane Folie zeigt uns rasch Grenzen dieser schönen Theorie auf. Es ist halt eben nur eine Theorie.

Was meinen Sie dazu?

  1. 14.07.2016 um 15:54

    Unsere Haut gibt auf 3 Arten die Körperwärme an die Umgebung ab:

    1.) Wärmeleitung auf alles was die Haut berührt, also Bekleidung und Schuhe.

    2.) Wärmeströmung, die uns umgebene Luft nimmt die Wärme der Haut auf, je mehr Wind, desto besser geht das. Zusammen mit der Wärmeleitung macht das bei Windstille 20 % der Gesamtwärmeabgabe über die Haut aus. Bei starkem Wind kann dieser Effekt jedoch schnell dominierend werden.

    3) Wärmestrahlung, hängt im Wesentlichen von dem Temperaturunterschied zwischen Haut und Luft ab und macht den Löwenanteil des Wärmeverlustes aus: 60 %

    4.) Verdunstung durch Schwitzen. Dieser Anteil beträgt im Normalfall ca. 20%, bei Kälte ziehen sich die Hautporen zusammen und der Anteil wird kleiner.

    Die Sirius-Rettungsdecke hilft hauptsächlich bei der Verdunstung, was bei Kälte sowieso nur einen kleinen Beitrag liefert. Was ist mit der Wärmestrahlung? Liegt die Rettungsdecke an der Haut an, nimmt sie über Wärmeleitung die Temperatur der Haut an, und gibt über die Wärmestrahlung die selbe Menge an Wärme ab (Bolzmann läßt grüßen). Die oft zitierte Reduktion der Wärmestrahlung einer Rettungsdecke funktioniert also nur, wenn man eine (trockene!) Bekleidung unter der Folie trägt.
    Tja so ist das mit der Rettungsdecke, überall dabei, bringt aber selten etwas.
    Viel besser ist was mit einem Luftpolster wie bei diesem Material hier: http://www.supervivo.de

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